Ruf in die Berge – der Berg ruft

Ruf in die Berge – der Berg ruft

«Wie man in den Wald ruft, so tönt es zurück» – das Sprichwort gilt nicht nur im übertragenen Sinn. Das Echo ist ein Naturphänomen, das wir alle kennen. Jede und jeder hat auf einem Spaziergang oder einer Wanderung schon irgendwo ein Echo gehört – den meisten von uns ist es vielleicht nur noch als Kindheitserinnerung im Kopf.

Wer nach einem beschwerlichen Aufstieg in die mystischen Furchen und Wände des Alpenmassivs hinein gerufen oder gegellt hat, wer überwältigt von der Bergwelt seiner Freude freien Lauf gelassen und aus seinem Innersten heraus lautstark in die Felsen hinein oder ins Tal hinunter gejutzt und die Antwort darauf gehört hat, vergisst die Faszination des Echos nicht mehr und sucht sie immer wieder neu.

So einmalig und vielfältig wie die Landschaft ist, so einmalig und vielfältig klingt sie auch. Das Echo gehört untrennbar zur Identität der Berge – nicht erstaunlich deshalb, dass unzählige Jodelchöre und Ländlerkapellen den Begriff «Echo» im Namen führen. Im Echo begegnen wir uns selbst und auch einem Stück authentischer Heimat.

Kinder lauschen den Echos neugierig und verwundert hinterher. Alpinistinnen, Berggänger, Bäuerinnen, Hüttenwarte, Senninnen, Alphornbläser, Jodlerinnen und Wildhüter wissen oft um verborgene, unbekannte Echos in der schroffen Landschaft.

Das Naturwunder Alpen fasziniert – nicht erst seit es der Berner Universalgelehrte Albrecht von Haller 1729 in seinem Lehrgedicht «Die Alpen» mit barockem, moralisch-philosophischem Pathos beschrieben und besungen und Caspar Wolf in Skizzen und ölbildern im selben Jahrhundert festgehalten hat. «Wolf ist der Maler der erhabenen, mildern und schreckenvollen Schönheiten der Schweiz. Er ist tiefer in das Eis und den Schnee der Alpen und Eisberge eingedrungen, als je ein Liebhaber oder Künstler vor ihm; weder Beschwerde noch Gefahr haben ihn abgehalten, die erhabene und grausenvolle Natur bis in ihre verborgensten Winkel zu verfolgen; selbst im Winter hat er die Alpen besucht und verschiedene Scenen gezeichnet», wie der Lehrer, Reiseschriftsteller und übersetzer Carl Gottlob Küttner am 29. August 1778 an seinen Freund in Leipzig schrieb.

Die Alpen wurden im 20. Jahrhundert auf fast alle erdenklichen Arten durchleuchtet. Fast – denn als Klangraum sind die Berge und Täler bisher nicht dokumentiert. Das Echo stammt mythologisch jedoch aus ganz andern Zeiten.